Die wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften der Moderne mit Fortschritten in der Medizin, besseren Ernährungs- und Lebensbedingungen etc. haben dazu geführt, dass sich die Lebenserwartung in hochindustrialisierten Gesellschaften deutlich erhöht hat.
Sozio-kulturelle Zuschreibungen wie die „jungen Alten“ oder die „aktiven Alten“ weisen auf die hohen mentalen, physischen und psychischen Möglichkeiten hin, die Menschen über 60 Jahren bis sogar über 80-100 Jahren zur Verfügung stehen.
Für viele Menschen beginnt mit Eintritt in das Rentenalter eine Lebensphase, in der sich noch viele Lebensentwürfe eröffnen können. Man spricht in der Wissenschaft vom vierten und fünften Lebensalter. In 2020 sind in Deutschland fast 5 Millionen Menschen über 80 Jahre alt und gehören zur am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe! Die althergebrachten Begriffe von Gesundheit und Krankheit werden dem Erleben der Älteren oft nicht gerecht und sind wenig hilfreich für die Gestaltung von Rahmenbedingungen zur Entfaltung von Potenzialen. Ältere Menschen fühlen sich oft gesund, wenn sie nach medizinischen Maßstäben eigentlich eine Krankheit haben. Fakt ist, dass mehrfache chronische Erkrankungen mit entsprechenden Einschränkungen mit zunehmendem Lebensalter zur Regel werden. Viele Menschen arrangieren sich damit, daher müssen subjektive Empfindungen und Bewertungen im Verständnis von Gesundheit und Krankheit berücksichtigt werden.
„Challangesand Potentials of Quality of Life” (CHAPO-Modell) wurde für die Hochaltrigenstudie NRW80+ entwickelt. Es ist ein multidimensionales Konzept, welches u.a. soziale Anerkennung, affektives Wohlbefinden, psychische Belastung und Lebenszufriedenheit erfasst. Medizinische und pflegerische Versorgung soll sich an einer guten gesundheitsbezogenen Lebensqualität mit Gewährleistung von Selbstbestimmung ausrichten. Leitziel: Die individuelle Einschätzung des Patienten zur Bestimmung seines jeweiligen Wohls ist von größter Bedeutung. Bei Befragungen zum Gesundheitswesen sind 71% der Auffassung, dass heute schon als Krankheit gilt, was eigentlich eine normale altersbezogene Veränderung ist. 83% sehen das Problem, dass der medizinisch technische Fortschritt zu einem Druck auf Individuen führt, sich so zu verhalten, dass ein langes Leben möglich wird.
Fazit: Die Lebensqualität sollte der orientierende Maßstab für die Gesundheitsversorgung von Beginn über den gesamten Lebensverlauf sein.
(P.Bröckerhoff, Deutsches Ärzteblatt,Jg.117,Heft 50, 11.Dez. 2020)
Kommentar Dr. Ullrich
Es gibt in jeder Altersgruppe sinnvolle und unsinnige medizinische Behandlungen, daher gehört zum Leitbild unserer Praxis: Wir empfehlen – Sie entscheiden