Hohe Zuwachsraten von Wirbelsäulenoperationen wurden z.B. im „Faktencheck Rücken“ der Bertelsmann Stiftung heftig kritisiert.
Der Versorgungsatlas der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie zeigt, dass insbesondere die Wirbelsäulenchirurgie hohe Zuwachsraten verzeichnet.
Ein wissenschaftliches Projekt des gemeinsamen Bundesausschusses in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden und dem wissenschaftlichen Institut der AOK zeigte die entscheidenden Gründe dafür.
- Es bestehen deutliche regionale Unterschiede
- Die Zahl der WS.op’s geht mit der Rate der chirurgischen Krankenhausbetten pro Einwohner einer Region einher
- Zwischen 75 und 79 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit am größten, an der WS operiert zu werden.
- Je mehr MRT’s desto mehr WS.operationen.
- Das höchste „Risiko“ operiert zu werden ergibt eine Behandlung durch einen Neurochirurgen ohne Orthopäden.
- Konservative Maßnahmen verringern die Wahrscheinlichkeit eines operativen Eingriffs.
- Fast die Hälfte der operierten Personen (48%) erhält in den 2 Jahren vor der Operation keinerlei Physiotherapie.
(Orthopädie und Unfallchirurgie 2020,10 (5))
Kommentar Dr. Ullrich
Besonders der letzte Punkt ist erschreckend. Es wird gerne nach MRT operiert und nicht nach Untersuchungsbefund, Krankheitsvorgeschichte und vor allem werden zu wenig konservative Maßnahmen mit Patientenschulung durchgeführt. Erfahrungsgemäß gibt es genauso viele Menschen mit einem MRT-gesicherten Bandscheibenvorfall mit Beschwerden wie ohne Beschwerden!
Immer wieder erleben wir, dass im MRT oder CT ein BS-vorfall vorliegt, die Schmerzursache jedoch nicht in dem Bereich liegt, in dem der Vorfall ist! Nicht selten liegt ein Bandscheibenvorfall rechts vor, der Patient hat aber links die Beschwerden, es ist folglich unsinnig und falsch nur nach Bildgebung zu operieren. Auch Verschleiß ist nicht gleichbedeutend mit Beschwerden: Es gibt Menschen mit schlimmem Verschleiß und fast keinen Beschwerden und Menschen mit wenig Verschleiß und starken Beschwerden.
Tipp: Wenn Sie nicht ausführlich befragt und untersucht werden und nur nach MRT beurteilt werden, wechseln Sie die Ärztin oder den Arzt!